Vor 80 Jahren ...
In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai 1939 musste Eva Mosbacher sich am Nürnberger Hauptbahnhof von ihren Eltern verabschieden. Sie verließ ihre Geburtsstadt Nürnberg mit dem Kindertransport per Zug. Von der holländischen Grenze ging es mit einem Dampfer nach England. Zwei christliche Frauen aus der Nähe von Cambridge nahmen sie auf. Einzige Verbindung zwischen Tochter und Eltern blieb der Schriftkontakt. Im November 1939 zogen Evas Eltern Hedwig und Otto Mosbacher nach Meiningen zu Verwandten der Mutter. In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai 1942, genau drei Jahre nach Evas Abreise, wurden sie mit über 500 weiteren jüdischen Kindern, Frauen und Männer aus Thüringen von Weimar aus über Leipzig in den Distrikt Lublin deportiert.
An dieser Stelle werden von Mai 2021 bis zum Mai 2022 nach und nach Schreiben von Eva und ihren Eltern und andere Dokumente veröffentlicht, welche Einblick in deren Lage vor 80 Jahren geben.
Ein Projekt der B.M. Strupp-Stiftung, Meiningen
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 03.05.1942
Liebes, gutes Häsle,
Wir freuen uns, dass Du Deine Ferien angenehm verbrachtest.
Wir geben uns Mühe uns gesund und tapfer zu halten und sind mit Dir in gleichen Gedanken.
Recht herzlich grüssen Dich mit vielen Kussis usw.
Dein Dich liebender Papa.
Deine immer an Dich denkende Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 12.04.1942
Liebes, gutes Häsle,
Unsere Freude ist und bleibt, wenn wir gut von unserm Evele hoeren.
Bleibe nur gesund, auch wir sind wohlauf.
Hoffentlich lernst Du viel und wirst recht tüchtig.
Hast Du auch schon mal über einen später zu ergreifenden Beruf nachgedacht?
Allseits unsere Grüsse, Dir ganz besonders herzliche mit vielen, vielen Kussis usw.
Dein Papa.
Deine Dir gute Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 15.03.1942
Liebes, gutes Häsle,
Dein besonderes Gedenken erfreut uns sehr zu jederzeit. Wenn wir nur erst wieder zusammen sind, ist viel erreicht. Wie geht es Deinen Betreuern, den Lieben nah und fern? Allseits unsere Grüsse, Dir ganz spezielle mit vielen Kussis bekannter Art
Dein Dich liebender Papa.
Deine Mama
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 08.03.1942
Liebes, gutes Evele,
Vielen Dank für Deine Geburtstagswünsche. Auch wir denken soviel an Dich. Hoffen wir, dass unser Wiedersehen nicht mehr so fern ist – Du kannst Dir denken, wie sehr wir es ersehnen-.
Herzlicht grüssen Dich mit vielen Kussis usw.
Dein Dich liebender Papa.
Deine Mama.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 24.02.1942
Verbrachte schoenes half-term. Ging ins Kino, zum Tee mit Freundinnen. Bin in Gedanken immer bei Euch. Haltet Euch gesund, munter und tapfer. Viele Kussis, Halsle, Ohrle
Häsle.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva
vom 18.02.1942
Liebes, gutes Häsle,
Wir wissen, wie sehr Du mit uns fühlst.
Wie gerne wollten wir, Du hättest Recht und wir sähen bald eine Moeglichkeit mit Dir wieder vereint zu sein.
Nun ja, Geduld und nochmals Geduld.
Lasse es Dir recht gut gehen und sehe immer auf Deine Gesundheit, so, wie wir es immer wünschten.
Herzlichst grüssen Dich mit vielen Kussis usw.
Deine Dichliebende Mama.
Dein Dich liebender Papa.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 10.02.1942
Gehts sehr gut. Have viel Freunde. Verkehr mit Tante Paula. Sendet Grüsse. Hoere von Grosseltern. Bleibt tapfer. Alles wird bestimmt recht werden. Viel Liebe Häsle.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva
vom 10.02.1942
Liebes, gutes Häsle,
Wir freuen uns immer auch mit den wenigen Worten, die Du schreiben kannst. Erwähne bitte stets das Datum unserer Antworten. Grüsse bitte Alle, die nach uns fragen und die Dir wirklich zugetan sind.
Wir sind gesund und müssen weiter hoffen und standhaft bleiben.
Herzlichst grüssen Dich mit vielen Kussle, Halsle, Ohrle usw.
Dein Papa.
Deine Mama Viechle.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher
an ihre Tochter Eva vom 25.01.1942
Liebes, gutes Häsle,
Seit Juli wieder mal eine Nachricht von Dir, was uns sehr erfreute.
Wir sind gesund und hoffen mit Dir auf ein Wiedersehen.
Allseits unsere Grüsse, Dir, unser gutes Evele unsere ganz besonderen mit vielen Kussis
herzlichst wie immer
Dein Papa.
Deine Dich liebende Mama.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 13.01.1942
Gestern war ich ganz besonders bei Molli. Nächstes Jahr werden wir hoffentlich zusammen feiern koennen.
Mir geht es sehr gut. Kussis Euer an Euch viel denkendes Häsle
[Am 12.01.1942 wurde Evas Vater Otto 48 Jahre alt]
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 30.12.1941
Hoffentlich klappen Cuba Pläne. Habe Ferien. Zeugnis gut, viel zu tun. Eingeladen zum Theater bei bester Freundin. In Gedanken wünsche ich immer das Best Euch
Euer Häsle.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 25.12.1941
Liebes, gutes Evele,
Deine letzte Nachricht datiert vom 22. Juli – eine so lange Pause war bisher kaum.- Hoffentlich geht es Dir nach wie vor gut und bist Du immer gesund.
Wir sind auch wohlauf, machen uns natürlich so viele Gedanken. Nun müssen wir warten bis es wieder mal eine Reisemoeglichkeit gibt. Bei uns Allen, die sich gegenseitig um einander sorgen, heisst es abermals Geduld und Ausdauer, wenn es auch manches Mal schwer wird.
Bitte Allen unsern besonderen Dank und Grüsse, die Dich betreuen u. Es gut mit Dir meinen.
Herzlichst Grüssen u. Küssen Dich
Dein Papa, Deine Mama
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 09.12.1941
Beste Wünsche Mollie’s Geburtstag. Tag der Wiederveinigung ist nicht mehr so fern wie vorher. Lerne arbeite viel mit Pfadfindern. Bleibt gesund und tapfer. Viel Liebe Evele.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 25.11.1941
Traurig wegen Euer Schicksal bleibt nur tapfer Bald wird´s bestimmt vorüber sein und wir werden Alle glücklich ordentlich zusammen leben
Euer an Euch immer viel denkendes Häsle.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 09.11.1941
Liebes, gutes Evele,
Wir erhielten jetzt Einreisegenehmigung nach CUBA und wollen hoffen, das unsere baldige Abreise moeglich.
Man kann leider nicht das Geringste voraussagen, wenn es nur nicht wieder neue Schwierigkeiten gibt. Übrigens bedarf es seit kurzem einer besonderen Erlaubnis zur Ausreise, hoffe mit uns, das wir dieselbe bekommen.
Vielleicht haben wir Klarheit bis wir Dir wieder antworten.
Bitte grüsse wie immer Alle, die uns nahe stehen und sich nach uns erkundigen, wie sagst Du immer „Kopf hoch“.
Sei selbst herzlichst gegrüsst und geküsst
Dein soviel an Dich denkender Papa,
Deine Dich liebendes Viechle.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 28.10.1941
Erfreut mit fortwährenden Mitteilungen – traurig wegen verschobener Ausreise bleibt tapfer – einmal wird’s gelingen. Hatte herrliche Ferien Keep smiling
Kussle Euer Häsle.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 22.10.1941
neue Adresse: Meiningen/Thür. Sachsenstr. 6/0
Liebes, gutes Evele,
An Deinem Geburtstag waren wir Dir auch dieses Jahr im Geiste ganz besonders nahe, bleibe nur gesund und hoffe mit uns auf baldiges Wiederzusammensein.
Wir mussten dieser Tage umziehen und haben jetzt noch 1 Zimmer. Wir sind auch damit zufrieden und wollen hoffen, dass die neuerlichen Bemühungen für unsere Reise bald Erfolg haben. Wir sind gesund, bestelle wie immer allseits unsere Grüsse.
Mit vielen, vielen Kussis, Ohrle, Halsle usw. Wie stets herzlichst grüssend
Dein Dich liebender Papa.
Deine Dich liebende Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 08.10.1941
Liebes, gutes Evele,
Anstatt, dass wir jetzt, wie vor Monaten gedacht, abreisen können, müssen wir nun umziehen. Neue Adresse: Sachsentr. 4. Wir erhalten in einem Haus, in welchem bereits eine Anzahl Schicksalsgenossen untergebracht, 1 Zimmer.
Wir müssen uns mit sovielem, was nicht geändert werden kann, abfinden, noch hoffend, dass uns - bevor es endgültig zu spät - eine letzte Reisemöglichkeit geboten wird. Dies unser ständiges Hoffen. -
Für uns immer eine Freude, wenn wir von Dir hoeren. Siehe nur zu, dass Du in der Schule gut mitkommst, damit beim nächsten Examen bessere Resultate.
Grüsse und danke Allen, auch unsererseits, die gut zu Dir sind.
Viele herzliche Grüsse und Kussi wie stets
Dein Dich liebender Papa.
Deine Dir gute Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom
07.09.1941
Liebes, gutes Häsle,
Mit grossem Interesse verfolgen wir Deine Nachrichten. Es ist sehr anzuerkennen, dass Dir auch Manches ausser der Reihe geboten wird. Vergiss nicht Dich nützlich zu machen. Bleibe immer wohl und munter, damit wir eines Tages alle Erlebnisse gemeinsam wieder teilen koennen.
Noch wissen wir nichts über neue Moeglichkeit zu unserer Reise. Es heisst weiter zuwarten, was nicht immer leicht ist.
Bitte bestelle unsere Grüsse – Dein Dank soll auch unser Dank sein-.
Recht viele Kussi, Ohrle, Halsle usw. Mit besten Neujahrswünschen, herzlichst grüssen Dich, unser gutes Evele Dein Papa. Deine Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 31.08.1941
Liebes, gutes Häsle,
Nun kommen wir wieder nicht zur Abreise – die Oktoberpassage musste abgesagt werden. Zu Anfang des Jahres wurde versäumt feste und frühzeitige Schiffsplätze für uns zu sichern und jetzt wird es uns infolge Konsulatsschliessungen (noch ohne Visas) unmoeglich den Dampfer zu nehmen.-
Selbstredend sind wir darüber sehr verstimmt, umsomehr wir schon solange und so sehr auf endliche Abreise hofften. Nun ja, „Kopf hoch“, wie Du immer so schoen empfiehlst. Habe Geduld, wie wir sie auch immer wieder aufbringen müssen.
Hoffentlich bietet sich bald für uns eine letzte chance – wir hoffen und wünschen aufrichtig – das kannst Du Dir denken.
Bestelle unsere Grüsse und sei Du, unser gutes Evele selbst herzlichst gegrüsst mit vielen, vielen Kussis usw.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 21.08.1941
Liebes, gutes Evele,
Ob Dich diese Zeilen rechtzeitig erreichen?
Daher heute schon unsere allerherzlichsten und besten Wünsche zu Deinem Geburtstag. Schon zum dritten Mal, dass wir nicht dabei sein koennen.
Alles soll nach Kräften nachgeholt werden. Bleibe gesund, zufrieden, vor allem so, wie wir unser gutes Häsle in Erinnerung und immer behütet haben, dann gibt es einst ein schoenes Wiederzusammensein.
Deiner Umgebung, die Dir gewiss viel Liebes und Gutes zuteil werden lässt, sei immer aufmerksam und dankbar.
Auch unser Dank gilt Allen, die es gut mit Dir meinen.
Mit extranachhaltigen Geburtstagskussis, Ohrle, Halsle usw.usw. herzlichst
Dein Dich liebender Papa.
Deine Dich liebende Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 08.08.1941
Liebes, gutes Häsle,
Unsere vor Monaten gedachte Abreise im September erscheint infolge noch nicht erhaltener Visas mehr als fraglich. Sehr enttäuscht wegen alsdann nicht auszunutzender Schiffsplätze.
Bleibe nur gesund und tapfer, einmal wird hoffentlich auch für uns die Sonne scheinen.
Mit vielen Kussle, Ohrle, Halsle usw.
Herzlichst Dein Papa. Deine Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva vom 26.07.1941
Liebes, gutes Evele,
Immer sehr erfreut von Dir zu hoeren.
Bitte grüsse und danke Allen, die sich Deiner, gut gemeint, annehmen.
Sehe bitte auf Deine Gesundheit, wie wir es immer getan. Ist Alles all right?
Für Deine Ferien recht viel Spass, vor allem Erholung und Kraft für die Zukunft.-
Bei uns augenblickliche Hauptsorge: ob, wann und wo Visas erhältlich. Unser ständiges Hoffen und Wünschen: mit Dampfer zum 10. Okt.41 fahren zu koennen.
Bemühungen wegen Visas von hier und von USA sind im Gang, hoffentlich baldigst und rechtzeitig von Erfolg.
Wie stets, grüssen wir unser Evele herzlichst mit vielen, vielen Kussis, Halsle, Ohrle usw.
Dein Papa. Deine Mama.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern Hedwig und Otto Mosbacher vom 22.07.1941
Gehe zur Tante Erna an der See – Freue mich sehr – Examen vorüber – Resultat mittelmässig – Viele Küsse Liebe Euch Euer Evele.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an ihre Tochter Eva
vom 15. Juli 1941
Wir befolgen Deinen Rat und halten den Kopf hoch. Vielleicht hilft´s, Du bist ja auch so vernünftig und wartest geduldig. Inzwischen vergeht die Zeit, bis wir uns wiedersehen, bist Du wohl eine grosse Dame, in jeder Beziehung. Wir freuen uns sehr, wenn wir erst wieder vereint.
Bleibe recht gesund, grüsse und danke Allen, die es gut mit Dir meinen.
Viele, viele Kussis usw. herzlichst Dein Papa. Deine Mama.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern 08. Juli 1941
Bin immer in Gedanken bei Euch. Ertrübt über Passage October. Wir müssen viel Geduld haben. Lebt wohl, hofft auf bessere Zukunft.
Evele.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an
ihre Tochter Eva vom 05. Juli 1941
Liebes, gutes Evele,
Du kannst Dir denken, dass es uns dauernd sehr interessiert zu erfahren, wie es Dir und Allen geht. Unsere besten Grüsse und Wünsche allseits.
Zurzeit macht uns die im September gedachte Abreise (Dampfer 10. Oktober ab Lissabon) grosse Sorgen. Infolge der Konsulatsschliessungen wissen wir nicht, ob, wann und wie wir zu den erforderlichen Visas gelangen. Hoffentlich findet sich noch rechtzeitig und bald ein Ausweg, sonst sitzen wir wieder fest und koennen alsdann Okt.-Schiffsplätze wiederum nicht ausnützen.
Viele, viele Kussis, Halsle, Ohrle usw.
herzlichst Dein Papa. Deine Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an
ihre Tochter Eva vom 29. Juni 1941
Liebes, gutes Evele,
Immer erfreut wenn wir von Dir hoeren.
Wir halten auch den Kopf hoch. Leider durch neueste Massnahmen (Konsulatsschliessung) haben wir grosse Bedenken, ob unsere Abfahrt mit Oktober Dampfer moeglich.
Hoffentlich wird eine Zwischenloesung gefunden.
Herzlichste Grüsse, Kussi usw.
Dein soviel an Dich denkender Papa.
Deine „ „ „ denkende Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an
ihre Tochter Eva vom 22. Juni 1941
Liebes, gutes Häsle,
Wir richten uns wieder mal für die grosse Reise, hoffentlich bleibt uns neuerliche Enttäuschung erspart. Wir koennen nur Reisegepäck mitnehmen, viel Brauchbares und drüben Benoetigtes muss leider zurückbleiben.
Die gute Mama hat an einem Entfleckungskursus teilgenommen, sehr vorteilhaft für Deine zukünftigen Kleidungsstücke.
Viele, viele Kussis usw. Herzlichst Dein Papa. Deine Mama.
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an
ihre Tochter Eva vom 15. Juni 1941
Liebes, gutes Boble,
Selbstredend hätten wir diese uns noch gut vertraute Anrede nicht gewagt. Aber wenn Du sie gewählt, ist es etwas Anderes, wir wissen gegenseitig, wie es gemeint.
Grüsse und danke in unserm Namen auch Onkel Edi mit Familie, wir denken an Alle und sovieles. Es wird Dir ähnlich ergehen.
Herzlichst grüssen Dich mit vielen Kussis usw. Dein Papa. Die Mama.
[Onkel Edi war der Bruder von Otto Mosbacher und lebte mit seiner Familie in Birmingham.]
Mitteilung von Eva an ihre Eltern Hedwig und Otto Mosbacher
vom 10. Juni 1941 (eingegangen Ende Juli)
Pfingsten mit Liesel und Eltern verbracht. Schwimme – lerne viel – esse gut – gehe Kino – Einladung Ferien Tante Erna – Alle gesund – Küsse
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an
ihre Tochter Eva vom 10. Juni 1941
Liebes, gutes Ziegenboeckle,
Auch wir sind in Gedanken viel bei Dir. Es müssten Dir die Ohren klingen, wie oft wir Papa’s süss Evele (so hast Du doch immer gesagt) erwähnen.- Hoffentlich klappt es dieses Mal mit unserer Reise. Wie gesagt, beabsichtigen wir gegen Mitte September von hier aufzubrechen, halten uns alsdann vermutlich noch in Nürnberg auf, denn zum 10. Oktober d.J. soll unser Schiff „EXCALIBUR“ ab Lissabon fahren.
Du kannst Dir gewiss vorstellen: auch wir zählen die Tage.
Recht viele Kussis, Halsle, Ohrle usw.
und viele Grüsse an Alle, die nach uns fragen, Dein Papa. Deine Mama.
[Die Mitteilung der Eltern überschritt die erlaubte Wortzahl und es ist nicht bekannt, ob sie Eva dennoch erreichte.]
Mitteilung von Eva an ihre Eltern Hedwig und Otto Mosbacher
vom 27. Mai 1941
Hörte von Lisbeth – gehts gut – immer beschäftigt – gutes Essen – Lerne viel in Schule und Pfadfindern – Kussle, Ohrle mit Schmeicheln Euer Häsle
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an
ihre Tochter Eva vom 25. Mai 1941
Liebes, gutes Häsle,
Heute müssen wir Dir eine traurige Mitteilung machen. Onkel Bruno, der zwei Monate an Furunkulose litt, haben wir Anfang März zur letzten Ruhe gebracht. Ihm ist wohl und sicherlich viel erspart geblieben.
Wann und wie es Grosseltern erfahren, können wir nicht wissen.
Herzlichst grüssen Dich, viele Kussis
Dein Papa.
Deine Mama
[Bruno Heinemann, Onkel von Hedwig Mosbacher, war am 6. März 1941 in Meiningen verstorben.]
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an
ihre Tochter Eva vom 22. Mai 1941
Liebes, gutes Evele,
Jede Deiner Nachrichten wird unsererseits sehr geschätzt. Lerne nur weiter recht gut. Kenntnisse und Erfahrungen sind im Leben so wichtig.
Auch von Grosseltern hören wir natürlich nichts. Grüsse bitte stets Gesamtfamilie, besonders Deine verehrten Damen. Für die Dir erwiesene gute Aufnahme werden wir ihnen immer sehr dankbar sein.
Herzlichste Grüsse, viele Kussis usw.
Dein Papa.
Deine Mama.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 21. Mai 1941 (zuggangen erst Anfang September)
Gesund – Schokolade von Grossmama – neue Reithosen – Radle viel – Helfe Haushalt und Kochen – habe Aquarium – Hoffe Euch wohlauf – Grüsse – Küsse
Häsle.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 20. Mai 1941 (zugegangen erst Ende August)
Verwandten gehts gut – Höre regelmäßig – Spiele Tennis – Schlagball – gehe Reiten -. Dazu viele Aufgaben. Machts gut. Viel Liebe, Küssle usw.
Euer Häsle
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an Eva vom 19. Mai 1941
Liebes, gutes Evele,
Deine Dezember–Januar Meldungen kamen jetzt in ziemlich kurzen Abständen. Schade, dass Du nicht siehst, wie sehr uns immer Deine Nachrichten erfreuen.
Wenn nichts Unvorhergesehenes eintritt, hoffen wir Mitte September d.J. von hier abzureisen.
Vielleicht halten wir uns alsdann noch in Deiner Heimatstadt auf, denn zum 10. Oktober 41 soll unser Dampfer ab Lissabon gehen.
Viele, viele Kussis usw. – allseits unsere Grüsse –
Dein Papa.
Deine Mama.
[Mit Evas Heimatstadt ist Nürnberg gemeint.]
Am 15. Mai 1941 erreichte Hedwig und Otto Mosbacher über das Rote Kreuz eine Nachricht ihrer Tochter Eva vom 12. Dezember 1940. Die Laufzeiten der Nachrichten über das Rote Kreuz war sehr unterschiedlich. Otto Mosbacher, von Eva "Molli" genannt, war am 12. Januar 1941 47 Jahre alt geworden.
Mitteilung von Eva an ihre Eltern vom 12. Dezember 1940, zugegangen am 15. Mai 1941
Meine allerbesten Wünsche zu Molli´s Geburtstag.
Hoffe Euch gesund, - mir geht’s sehr gut.
Haltet Kopf hoch und seit guten Mutes.
Viele Kussis usw.
Euer Häsle
Schreiben von Otto Mosbacher an die Beratungsstelle Leipzig (Hilfsverein) vom 11. Mai 1941 (Auszug)
Meiningen/Thür.
Strasse der SA 8
11. Mai 1941
Ihr Schreiben vom 8. ds.M.
Der American Export Lines, Lissabon habe ich rechtzeitig von der Annahme der für uns zum 10. Oktober 1941 reservierten Schiffsplätze Mitteilung gemacht und inzwischen eine weitere Bestätigung dieser Linie erhalten.
Ich hoffe gerne, dass die derzeitige Unmöglichkeit des Erhalts portogiesischer Transitvisen in Bälde behoben ist und alsdann weiterhin die Reisemöglichkeit Berlin-Lissabon usw., wie dies in den letzten Monaten der Fall, bestehen bleibt.
Konsulat: Sobald mir Nachricht bzw. Ladung zugeht, werde ich Sie sofort unterrichten.
...
Hochachtungsvoll
Otto Mosbacher
Schreiben der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, Abteilung Wanderung (Hilfsverein) vom 8. Mai 1941 an Otto Mosbacher (Auszug)
Auf Ihre Schreiben vom 24. und 29.4.1941 erwidern wir:
1.) Nachdem Sie die Passagen bei der Export-Lines für den 10.10.41 akzeptiert haben und nachdem die Abschrift des Briefes der Export-Lines vom 26.3.41 dem Konsul überreicht wurde, kann vorläufig nichts weiter geschehen, als abzuwarten, bis Sie die Ladung vom Konsul erhalten. Wir bitten Sie, uns sofort zu unterrichten, wenn Ihnen eine solche Ladung zugeht.
2.) Abgesehen von der Passagebescheinigung und der Vorbereitung der für den Konsulats-Termin notwendigen Papiere ist im Augenblick nichts zu besorgen. Wir machen aber darauf aufmerksam, dass das vom Konsul verlangte Führungszeugnis und der Wohnungsschein neuesten Datums sein sollen. Diese beiden Dokumente werden also zweckmässiger Weise erst bei der Nachricht der Ladung beantragt.
3.) Bezüglich der Reisemöglichkeiten Berlin-Lissabon können wir Ihnen im Augenblick keinerlei Auskünfte geben, da infolge der derzeitigen Unmöglichkeit portugiesische Transitvisen zu erhalten, Gruppentransporte für USA-Fahrer ab Lissabon nicht abgefertigt werden können.
4.) An sich ist der Luftweg Berlin-Lissabon nach wie vor zu benutzen, jedoch behält sich die Luft-Hansa das Recht vor, die Plätze von Inhabern von "J"-Pässen zu beschlagnahmen, wenn diese anderweitig gebraucht werden können.
...
Hochachtungsvoll
Beratungsstelle Leipzig, Ernst Israel Heilbrunn
Mitteilung von Hedwig und Otto Mosbacher an Tochter Eva vom 07.05.1941:
Liebes, gutes Häsle,
In diesen Tagen jährt sich wieder Deine Abreise. Hoffentlich dauert unsere Wiedervereinigung nicht mehr gar so lange.
Neuerdings haben wir Passage ab Lissabon, aber leider erst Oktober Dampfer. Müssen noch viel Geduld aufbringen.
Herzlichst mit vielen Kussis usw. wie stets
Dein Papa. Deine Mama.